Wie werden Mini Futures eingesetzt?

05.12.2014

In verschiedenen Beiträgen im cash.ch-Diskussionsforum ist mir aufgefallen, dass viele Aktionäre nicht wissen, was Mini Futures sind und wie sie eingesetzt werden. Da ich Mini Futures seit Jahren zum Absichern von Kursgewinnen einsetze, habe ich etwas Erfahrung damit, und darüber schreibe ich in diesem Beitrag. 

Mini Future definiert

Ein Mini Future (MF) ist ein strukturiertes Finanzprodukt, ein Derivat. Mit einem MF kann ein Anleger überproportional stark von Kursschwankungen von Aktien, Aktienindizes oder anderen Basiswerten wie Gold, Erdöl, usw. profitieren. Ein MF ist ein an der Börse handelbares Produkt, welches von einer Bank an die Börse gebracht wird. Mit einem MF kann man von steigenden Kursen (Long MF) ebenso wie von fallenden Kursen (Short MF) profitieren. 

In einem NZZ-Artikel vom Mai 2013 beschreibt der Autor Vor- und Nachteile verschiedener strukturierter Produkte. Der wesentliche Passus zu MFs lautet: 

Ein Mini-Future entspricht im Prinzip einer Investition in den Basiswert, bei der der Emittent einen Teil des Kaufpreises vorschiesst, den sogenannten Finanzierungs-Level. Angenommen, ein Kunde kauft für 20 Fr. einen Mini-Future auf eine Aktie mit einem Kurswert von 100 Fr., dann liegt der Finanzierungs-Level bei 80 Fr. Steigt der Aktienkurs um 5 Fr., so legt der Mini-Future um den gleichen Betrag zu, was einem Anstieg von 25% entspricht. Umgekehrt verliert der Anleger aber auch 25% seines Investments, wenn der Aktienkurs um 5% sinkt. Somit schlagen Kursänderungen deutlich stärker auf die vom Anleger investierte Summe durch. Nähert sich der Kurs des Basiswerts dem Finanzierungs-Level zu stark an (Stop-Loss-Marke), verfällt der Mini-Future. Der Anleger erhält einen geringen Restwert ausbezahlt. Die Gebühren für das Zertifikat erhebt der Emittent, indem der Finanzierungs-Level jeden Tag leicht steigt. Mini-Futures werden heute von einer Vielzahl von Schweizer Emittenten auf einen bunten Strauss von Basiswerten angeboten. 

Quelle: http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/alternativen-fuer-hobby-spekulanten-1.18080189

Anbieter und Handelbarkeit

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit hier eine Liste von Schweizer Anbietern von Mini Futures: 

Bank Vontobel

http://derinet.vontobel.com 

UBS

http://keyinvest-ch.ubs.com/produkt/liste/index/productType/Mini-Future 

BNP Paribas

http://www.bnpparibasmarkets.ch/

 

Mini Futures sind Finanzprodukte, welche Sie an der Schweizer Börse zu den üblichen Konditionen und Zeiten handeln können. Aufträge für Kauf und Verkauf erteilen Sie genau gleich wie bei Aktien und Fonds, übers E-Banking oder über den Kundenberater. Über Swissquotes können Sie auf der Handelsplattform SwissDots an Werktagen von 8 bis 22 handeln, aber auf SwissDots stehen weniger Produkte zur Verfügung als an der regulären Börse. Trotzdem lohnt es sich, das Angebot zu prüfen, da die Kosten mit CHF 9.85 für Schweizer Verhältnisse extrem tief sind. 

Weshalb ich Mini Futures mag

Es gibt für mich mehrere Gründe, weshalb ich dieses Finanzprodukt mag.  

  1. Ich kann auch bei fallenden Kursen einen Gewinn machen. Angenommen, ich bin fest überzeugt, dass die Aktienmärkte völlig überhitzt sind und nehme an, dass bald alle Kurse fallen werden. In diesem Fall  kann ich ein Short Mini Future auf den SMI oder den Dow Jones kaufen und abwarten, bis die Aktienkurse fallen. Der Kurs meines MF steigt überproportional an.
  2. Ich kann mit einem MF Gewinne absichern. Wenn ich mit der steten Unsicherheit der Aktienmärkte wieder mal schwer leben kann, kann ich einen Teil meiner Papiergewinne absichern, ohne dass ich gleich Aktien verkaufen muss. Steigt dann die Aktie weiter, habe ich etwas Pech, aber immerhin weiss ich, dass meine Gesamtinvestition weniger grosse Sprünge nach unten oder oben machen kann. 
  3. Der Einsatz ist gering, die Wirkung gross. Da ein MF mit einem Hebel arbeitet, muss ich vergleichsweise wenig Kapital einsetzen, um einen grossen Gewinn erzielen zu können. Falls ich z.B. annehme dass eine bestimmte Aktie in nächster Zeit stark steigen wird, kann ich ein Long MF auf diese Aktie kaufen und vom steigenden Kurs profitieren. Ich habe das zum Beispiel mit einem MF auf Apple gemacht, nachdem die Firma das iPhone 6 eingeführt hat.  Ich achtete darauf, dass der Hebel möglichst gross war. So habe ich etwa 3000 Franken bezahlt und einen Effekt gehabt, als hätte ich 18‘000 in Apple Aktien. Der Hebel war also etwa 6. Steigt die Apple-Aktie 1%, so steigen die MF um 6%. Umgekehrt natürlich auch! 

 

Gefahren von Mini Futures

Aber bei allen Vorteilen dürfen die Nachteile von Mini Futures nicht übersehen werden. 

  1. Beim Stop Loss ist Schluss: Jeder MF kommt mit einer Stop Loss Marke. Wird diese erreicht, verfällt das Produkt mit einem geringen Restwert. Je höher der Hebel, desto näher liegt der MF bei der Stop Loss Marke. Hebel über 15 sind aus diesem Grund nur bei MF auf Aktienindizes sinnvoll. Bei Aktien kann es sein, dass der Kurs mal um ein paar Prozent ausschlägt, und das könnte ein Produkt mit einem hohen Hebel wertlos machen.
  2. Der Stop Loss verändert sich täglich. Die UBS erklärt das so:

    Da Anleger den Basiswert nur zu einem geringen Teil selbst finanzieren müssen, ergibt sich ein Hebeleffekt. Den Restbetrag, der als Finanzierungslevel ausgewiesen ist, übernimmt die UBS als Emittentin. […]

    Allerdings will Fremdkapital bekanntlich verzinst sein. Der Emittent belastet dem Anleger daher Finanzierungskosten, indem der Finanzierungslevel täglich anpasst wird. Der Name Mini-Future erinnert daran, dass diese Instrumente ähnlich wirken wie standardisierte Termingeschäfte, sprich Futures. Anders als bei diesen ist ihre Laufzeit aber nicht begrenzt. Noch ein wichtiger Unterschied zu herkömmlichen Futures ist, dass Anleger bei UBS Mini-Futures nie Geld nachschiessen müssen. Denn die Instrumente verfügen über eine automatische Verlustbegrenzungsfunktion: den Stop-Loss Level. Bewegt sich der Basiswert in die unerwünschte Richtung und erreicht den Stop-Loss Level, verfällt der Mini-Future mit sofortiger Wirkung. Der Emittent berechnet dann den Restwert und zahlt diesen – sofern der Restwert mehr als null beträgt – dem Anleger aus. Der Stop-Loss Level wird bei Long Mini-Futures leicht über dem Finanzierungslevel festgelegt, bei Short Mini-Futures darunter. Die Stop-Loss Level begrenzen so das Risiko und verhindern eine Nachschusspflicht. Wird der Stop-Loss Level vom Basiswertkurs berührt oder überschritten, ist allerdings mit einem erheblichen Verlust des investierten Kapitals (bis zum Totalverlust) zu rechnen.

    Quelle: http://keyinvest-ch.ubs.com/lernen-informieren/hebelprodukte-mit-ko

 

Da Sie dem Emittenten also einen Zins bezahlen müssen für seine Leistung, rutscht mit der Zeit die Stop Loss Marke immer näher, selbst wenn sich der Kurs des Basiswertes nicht ändern sollte. Die Zeit arbeitet also gegen den Inhaber eines MF. Umgekehrt heisst das: Ein MF ist kein Finanzprodukt, das man bis in alle Ewigkeit hält, sondern welches aktiv gemanagt werden muss.

Beispiele für den Einsatz von Mini Futures

Die Website von BNP Paribas hat zwei praktische Rechner, welche das Funktionieren von Futures leicht verständlich machen. Gehen Sie zu dieser Seite: http://www.bnpparibasmarkets.ch/DE/Showpage.aspx?pageID=5&intptype=66,67

Während ich dies schreibe, bietet die Bank 1165 MF-Produkte an. Dies kann sich jederzeit ändern.  Die folgenden Beispiele werden alle mit Produkten dieser Bank durchgespielt – das heisst aber nicht, dass diese Bank für die gewählten Basiswerte die besten Produkte anbietet. Ich kaufe die meisten MF von Vontobel und nicht von BNP Paribas. Ich spiele die Beispiele hier so durch, weil ich Sie dazu anregen will, mit den Rechnern auf dieser Website selbst die verschiedensten Szenarien durchzuspielen.

Szenario 1: Sie erwarten in nächster Zeit einen deutlichen Kursanstieg der Apple-Aktie.

Wählen Sie als Produkttyp Mini-Long aus, und als Basiswert Apple. Unterhalb werden alle Long-MF auf Apple angezeigt. Wählen Sie das Produkt mit dem höchsten Hebel aus. Heute, 19.11.14, ist es das Produkt mit dem Valor 25112966, aktuelle mit einem Hebel von 5.42. Öffnen Sie die Detailseite des Produkts. 

Lassen Sie sich nicht von der angezeigten Zahlenflut erschlagen!

 

 

Zuoberst die Zahlen hinter Ref, Geld, Brief zeigen den aktuellen Kurs der Apple-Aktie, das, was Ihnen die Bank bietet, wenn Sie so ein MF verkaufen, und das was Sie zu bezahlen haben, wenn Sie das Produkt kaufen wollen. 

Unter Stammdaten ist die Stop Loss Marke angezeigt: Fällt die Apple-Aktie auf oder unter diesen Wert, wird der Handel des Produkt gestoppt und der Restwert (oft so um die 10 Rappen oder weniger) wird ihrem Konto gutgeschrieben. 

Sie möchten herausfinden, wieviel Ihre MFs wert sind, wenn die Apple-Aktie vom aktuellen Kurs von USD 115 auf 125 steigt. Klicken Sie auf den Link Mini Rechner starten. In einem Popupfenster geben Sie den neuen Referenzkurs 125 ein und die Anzahl Tage, z.B. 30

 

 

Sie finden so heraus, dass der Kurs des MF in 30 Tagen bei CHF 3.492 liegt, falls der Kurs der Apple-Aktie auf USD 125 steigt. Der Basiswert steigt 8.3%, der MF steigt aber um 35.4% 

Falls die Aktie aber erst in 360 Tagen auf 125 steigt, steigt der MF nur noch um 25.5% auf 3.23. Und die Stop Loss Marke ist auf 98.55 gestiegen. Sie erinnern sich daran: Sie bezahlen die Bank für die teilweise Vorfinanzierung des Geschäfts. Je länger das Geschäft dauert, umso mehr Zins haben Sie zu bezahlen. 

Wie teuer es ist, einen Mini Future ein Jahr lang liegenzulassen, können Sie selbst herausfinden, indem Sie im Rechner als neuen Referenzkurs den aktuellen Kurs eingeben, als Anzahl Tage 360, und dann den Wert berechnen:

 

Dieses Geschäft hätte sich wohl für die Bank gelohnt, aber nicht für Sie!

 

Szenario 2: Sie haben in den letzten Monaten mit ihren SMI-Aktien grosse Buchgewinne macht, weil die Aktienkurse generell gestiegen sind. Sie wollen diese Gewinne aber nicht durch den Verkauf Ihrer Aktien realisieren. Für die nächsten Monate erwarten Sie kaum noch grössere Gewinne, sondern Sie denken, dass es eher mal einen Rutsch nach unten gehen könnte.

Gehen Sie zur Startseite der Mini Futures zurück und wählen Sie als Produkttyp Mini-Short und als Basiswert SMI. Zeigen Sie möglichst alle Produkte an.

 

Schauen Sie sich die Werte in der Spalte S/L (Stop Loss) und Hebel genau an. Je höher der Hebel, umso näher die Stop Loss Marke. Und je höher der Hebel, desto weniger Geld müssen Sie einsetzen, um Ihre Buchgewinne abzusichern. Schauen wir uns das Produkt mit dem Valor 24955857 an. Aktuell (20.11.14) liegt die Stop Loss Marke bei 9790, der Hebel bei 7.93 – der SMI könnte also noch kräftig steigen, bevor diese Short MF verfallen. Bevor Sie dieses Produkt nun kaufen, können Sie aber verschiedene Hedge-Szenarien durchspielen und die für Sie beste Variante finden.

Klicken Sie auf den Link Mini Hedge Rechner, mit dem sich berechnen lässt, wie Sie Ihre Buchgewinne ganz oder teilweise absichern können.  

Zuerst geben Sie die folgenden Werte ein und lassen sich dann die passenden Produkte anzeigen.

 

Es werden die gleichen Produkt wie vorhin angezeigt. Wenn Sie nun auf eins der Produkte klicken, wird unterhalb der Liste angezeigt, was Sie die Absicherung Ihres Portfolios kostet. Klar: je höher der Hebel, desto geringer die Kosten, und umso näher die Stop Loss Marke. 

Mit dem oben erwähnten Produkt 24955857 sieht die Rechnung wie folgt aus:

 

Mit einer Investition von heute 22'944 Franken können Sie ein Portfolio aus SMI-Aktien vollständig gegen Kursverluste absichern. Allerdings verunmöglichen Sie damit dem Portfolio auch fast gänzlich jede Wachstumsmöglichkeit. Erst wenn der SMI über die Stop Loss Marke steigen sollte, würde der Wert des Portfolios wieder wachsen, hätten aber keinen Versicherungsschutz mehr. Ausserdem sehen Sie klar, was Sie an Finanzierungskosten zu bezahlen haben: 3% (pro Jahr), oder in Franken: 3'337.64 pro 180 Tage. 3% des gesamten Portfoliowertes von 223'000 Franken!

Das heisst: die gekaufte Sicherheit kostet Sie eine Menge Geld, welche sich durchaus negativ auf die Gesamtperformance Ihres Portfolios auswirken kann. Das ist, wie wenn Sie eine Diebstahl- oder Haftpflichtversicherung abschliessen: Sie bezahlen, auch wenn Sie nie einen Schaden haben. Andernfalls, sollte der SMI innert 180 Tagen auf 8000 z.B. kräftig fallen,  so steigt der Kurs des MF fast auf das Doppelte. 

Ich würde dann vielleicht so vorgehen: Die Hälfte der MF wird verkauft, und mit dem Gewinn würde ich dann günstiger gewordene Aktien dazukaufen. Im Oktober 2014 verhalf mir die Abwärtsbewegung an der Börse so zu einer Menge schnell verfügbaren Geldes, welche ich in Aktien von Swisscom und diversen anderen Firmen investierte – und netterweise gewannen diese Aktien ebenso schnell wieder an Wert wie sie vorhin verloren hatten.

Aufgrund der relativ hohen Kosten für die Absicherung gegen Verluste (3% pro Jahr) ist auch leicht verständlich, weshalb ich nur einen kleinen Teil des Portfolios auf diese Art absichern. Wer in Aktien investiert und/oder damit spekuliert, muss einfach damit leben, dass Kursschwankungen dazugehören. Dieses kurzfristige Risiko wendet sich aber langfristig in einen Vorteil: Aktien haben schliesslich, langfristig betrachtet, die beste Rendite aller Anlageklassen.

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