Darf ich auch mal etwas verkaufen?
19.02.2020
Vor Kurzem habe ich alle Portfolios dieser Website aktualisiert, und nur schon bei oberflächlicher Betrachtung der Portfolios fällt auf, dass die Kurse der dort vertretenen Aktien in den letzten Monaten stark gestiegen sind. Auch die Börsenindizes wie SMI und S&P 500, Dow Jones, Nasdaq, DAX, usw stehen alle bei ihren historischen Höchstständen, und fast täglich klettern die Kurse weiter nach oben.
War da mal etwas mit dem COVID19? Gab’s mal eine Gewinnwarnung von Apple? War da irgendwo Krieg? War da mal ein charakterloser Lügner Präsident der USA? Wäre nicht schon seit Jahren mal ein kräftiger Rückschlag an den Börsen überfällig? Alles ein Problem.
Den Börsen kann zurzeit nichts anhaben, und es ist ein überaus schönes Gefühl, wenn man nicht nur virtuelle Portfolios, sondern eines mit echtem Geld managt. Täglich mehr Geld auf dem Konto! Selbst wer nur ein paar Anteile eines ETFs auf den SMI besitzt, kann sich wie ein kleines Finanzgenie vorkommen. Aber die Gewinn sind nicht wirklich, es sind ja nur Buchgewinne, die da im Depot auflaufen.
Ausser den Dividenden, die gelegentlich ausbezahlt werden, realisieren wir in den hier betrachteten Portfolios keine Gewinne, indem wir etwa Aktien verkaufen. Und auch die Dividenden werden wieder in zusätzliche Aktien investiert. Da unsere Portfolios sich auf lange Sicht entwickeln sollen, ist es richtig, wenn wir nicht anfangen, Aktien zu verkaufen, nur weil sie gut gelaufen sind. Es ist ja nicht auszuschliessen, dass die Kurse noch weiter steigen werden – obwohl ich da, ehrlich gesagt, etwas vorsichtig bin.
Nüchtern betrachtet leben wir ja, wie immer, in einer Welt voller gravierender Probleme. Je nach der Brille, welche die Mehrheit der Investoren grad aufhat, sieht man diese Probleme, oder man ignoriert sie, wie das gerade jetzt mehrheitlich der Fall ist. Die Lösung vieler der anstehenden Probleme wird aufgeschoben bis zu jenem Zeitpunkt, wo wir vom Problem selbst überrollt werden. So ist die menschliche Natur, und Investoren sind auch nur Menschen…
Ich weiss nicht, wann jene Phase kommt, in der die Mehrheit der Investoren jene Brille aufhat, welche ihnen messerscharf alle Probleme zeigt. Aber dass diese Phase einmal kommen wird, irgendwann in den nächsten Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren, das ist sicher. Was den Wechsel der Wahrnehmung auslösen wird, weiss ich nicht – es wird etwas sein, das wir jetzt nicht erwarten. Aber was dann ablaufen wird zeigt uns der Rückblick auf frühere Krisen: Die Kurse rasseln in den Keller. 20, 30, 50, 80 Prozent runter? Auch das kann niemand wissen.
Also ist jetzt wohl ein guter Zeitpunkt, um Buchgewinne in einem Depot zu realisieren. Ich habe begonnen, aus unserem privaten Depot gelegentlich Aktien zu verkaufen, wenn der Wert des Depots einen gewissen Betrag übersteigt. So bleibe ich zwar voll investiert, baue aber auch die Cashposition aus. Cash kann man immer gut gebrauchen: Für eine ungeplante Anschaffung, für ein Geschenk an die Nachkommen, oder einfach als Reserve für kommende günstige(re) Gelegenheiten. Ich mache das nicht aus Panik, oder Angst vor bald fallenden Kursen. Aber die Börsen sind seit Anfang 2019 derart gut gelaufen, dass es durchaus Sinn macht, einige der Gewinne zu ernten. Schliesslich investieren wir nicht um des Investierens willen, sondern um in unserem Leben mehr Freiheiten geniessen zu können.
Wie gesagt, für die Portfolios auf dieser Website gilt das nicht: Hier wird stur nach Plan weiter gekauft, jedenfalls so stur, wie’s für mich passt. Aber verkaufen steht nicht an. Die Portfolios werden auf- und ausgebaut, da gibt es nichts zu verkaufen.
Lustlos investieren
14.07.2017
Ich weiss nicht, seit Monaten habe ich nicht recht Lust, in Aktien zu investieren. Gewiss, ich kaufe für unser privates Depot diese und jene Aktie, vergrössere einige Positionen, vor allem mit Geld, welches von Dividenden herrührt. Neues Kapital kann ich zurzeit nur wiederwillig investieren.
Auch deshalb bin ich zwischendurch mit dem Nachführen der Musterdepots arg im Verzug. Und dann haben mich andere Projekte in den letzten sechs Monaten derart in Beschlag genommen, so dass mir kaum Zeit blieb, mir gross Gedanken zu Neuinvestitionen zu machen.
Immerhin habe ich im Real-Depot noch 9 Aktien von Geberit gekauft – aber dass mir beim Kauf ein grober Fehler unterlaufen ist, zeigt deutlich, dass ich nicht ganz bei der Sache bin. Da habe ich doch tatsächlich zuerst den falschen Valor gekauft: Das ist mir glaub ich in bald 20 Jahren Online-Banking noch nie passiert… Der Fehler hat mich etwa 100 Franken gekostet – ich habe den ungewollten Titel gleich wieder verkauft (2 mal 40 Franken für die Katz). Bis das gutgeschriebene Geld wieder verfügbar war, stieg der Kurs des Geberit-Aktie, so dass ich statt der ursprünglich beabsichtigten zehn Stück nur noch neun kaufen konnte. Ziemlich «bireweich».
So, meinen Fehler habe ich nun gebeichtet, mag jedeR denken, was erSie will. Aber der Fehler ist nicht der Grund weshalb ich zurzeit lustlos investiere. Es ist vielmehr Ergebnis dieser Lustlosigkeit. Die Gründe der Unlust liegen woanders.
In der Politik. Genauer, in den amerikanischen Präsidentschaftswahlen, und dem katastrophalen Ergebnis der Wahlen. Der neue Präsident steht in meinen Augen für alles, was ich in meinem Leben gering schätze. Der Mann ist oberflächlich, ungebildet, vulgär, verlogen, rassistisch, eine Windfahne, unfähig, ein brauchbarer Präsident zu sein. So viel Macht konzentriert in den Händen eines solchen Menschen, das ist brandgefährlich. Und wie reagieren die Aktienmärkte? Neue Höchststände. Na bitte!
Höchststände an den Märkten sind schön für Leute, welche Aktien verkaufen wollen. Tatsächlich habe ich etwa zehn Prozent aller unserer Aktien verkauft, um das Geld in ein neues Projekt völlig ausserhalb der Finanzmärkte zu stecken. Höchststände bei den Aktienkursen sind aber ein Problem für alle, welche ihr sauer verdientes Geld sinnvoll investieren wollen oder müssen.
Natürlich sind auch in einem hoch bewerteten oder gar überbewerteten Aktienmarkt immer günstig bewertete Aktien zu finden. Wer auf Kurs-Gewinn-Verhältnis, Wachstumsaussichten und Dividendenrendite schaut, findet auch jetzt Aktien im In- und Ausland, welche einen Kauf wert sind. Das heisst aber nicht, dass diese Aktien nicht auch noch viel billiger werden könnten, wenn der Aktienmarkt einmal zu korrigieren beginnt. Und daher rührt meine Unlust: Weshalb soll ich heute eine Aktie kaufen, wenn ich erwarte, dass ich in naher Zukunft dieselbe Aktie weit günstiger erstehen kann?
Ich weiss, diese Frage darf ich mir im Grunde genommen nicht stellen. Wenn ich derart denke, kann ich nicht mehr investieren. Wenn ich eine gute Gelegenheit sehe, muss ich doch investieren. Geld liegenzulassen bedeutet doch auch, dass ich verliere, weil das Geld nicht so arbeiten kann, wie es eben arbeiten müsste. Und trotzdem bleibt die Unlust…
Und worauf hatte ich mich denn konzentriert in den letzten Monaten? Nur so viel sei einmal verraten: www.odyssia15.gr/olivenöl