Zinseszins: Der Freund des Langzeit-Investors

12.04.2015

Wie schon andernorts auf dieser Website beschrieben, ist der Effekt des Zinseszinses gewaltig. Wie gewaltig, das kann man sich schlecht vorstellen, aber ganz gut anhand von Beispielen sich vor Augen führen.

Die meisten Investoren, die an der Börse aktiv sind, versuchen mit geschickten Trades ihr Kapital möglichst schnell zu vermehren. Dieser Ansatz ist risikoreich, ungewiss und in der Regel nur mässig erfolgreich. Untersuchungen haben gezeigt, dass die meisten Investoren (dieser Autor inbegriffen) viele weniger Rendite erwirtschaften als möglich wäre – und das erst noch mit weniger Nervenkrieg. Das ganze Geheimnis beim Investieren besteht darin, die Zeit für sich arbeiten zu lassen.

Anhand einer Excel-Tabelle habe ich die Performance der Nestle-Aktie und der Dividenden seit 1959 untersucht und berechnet, wie sich eine Anlage in Nestle seit 1960 bis heute, also über 55 Jahre,  entwickelt hat. Das Ergebnis ist ziemlich berauschend.

Datum  Kurs  Dividende 
31.12.1959    1.36  0.023
31.12.2014  72.95 2.20 
Ø Wachstum pro Jahr   7.51% 8.65% 

 

Von Anfang 1960 ist der Kurs der Nestle-Aktie von 1.36 bis Ende 2014 auf 72.95 gestiegen, was einer Verzinsung von 7.51% entspricht. Ähnlich die Dividenden: von 2.3 Rappen auf 2.2 Franken, bei einer Verzinsung von 8.65%. Hätten Sie Anfangs 1960 1000 Franken in Nestle-Aktien investiert, sähe damit Ende 2014 das Ergebnis so aus:

735 Aktien zu 72.95 im Gesamtwert von    53'618.25
Total Dividenden in 55 Jahren:   18'370.59
Aktuelle Dividendenrendite    161.7%
 

Das heisst also, Sie erhalten jetzt jährlich viel mehr Geld als Dividende ausbezahlt, als Sie 1960 einmalig investiert haben. Das seit dem 49. Jahr der Anlage übrigens, also seit 2008. Und voraussichtlich bis zu Ihrem Tod werden Sie jedes Jahr eine Dividende erhalten, die 8.65% höher ist als die vorangegangene. Und wenn Ihre Erben verstehen, welchen Schatz sie mit diesen Aktien geerbt haben und diese nicht gleich verkaufen, werden diese weiterhin jedes Jahr höhere Dividenden erhalten.

Diese Rechnung zeigt aber nicht einmal die halbe Geschichte. Es kommt noch VIEL besser. Etwa vier mal besser, genaugenommen.

Im Beispiel oben sind wir davon ausgegangen, dass die Dividenden einfach in Empfang genommen und nicht weiter berücksichtig werden. Was passiert aber, wenn wir mit den Dividenden wieder Aktien kaufen? Das Ergebnis ist unglaublich:

3020 Aktien zu 72.95 im Gesamtwert von        220'309.00
Total Dividenden in 55 Jahren:      59'851.75
Letzte Dividendenzahlung 6'644.00
Aktuelle Dividendenrendite     664.4%
 

Vermutlich geht es Ihnen ähnlich wie mir: Sie oder Ihre Eltern haben 1960 nicht in Nestle-Aktien investiert, und Sie haben nichts vom ganz ganzen Segen. Und vermutlich bleiben Ihnen auch nicht mehr 55 Jahre, um ein Vermögen aufzubauen. Also müssen wir schauen, wie die Rechnung mit kürzeren Zeiträumen ausschaut. Und vor allem, wie das in Zukunft ausschauen kann. Dabei ist es wichtig, daran zu erinnern, dass frühere Performance keine Garantie für die zukünftige Entwicklung ist. 

Dividendenwachstum als Anlagestrategie

16.02.2015

Die meisten Anleger bringen Geld an die Börse, weil sie sich Kursgewinne von ihren Aktien erhoffen, dank denen sich das Geld vermehren soll. Eine kleinere Gruppe von Investoren setzt auf stetes, solides Dividendenwachstum und erhofft sich, dass auf diese Art das investierte Geld wächst.

Die beiden Strategien unterscheiden sich in ihrer Ausrichtung völlig, trotzdem können Anleger mit beiden Strategien erfolgreich sein. Wer in Aktien investiert, sollte klar verstehen, was die Vor- und Nachteile beider Strategien sind. Und vermutlich entscheidet er/sie sich für die eine oder andere Strategie, indem Geld mehrheitlich (darauf komme ich noch zurück) gemäss dieser Strategie investiert wird.

Wenn ich auf Websites für Anleger unterwegs bin, habe ich oft das Gefühl, dass weder Autoren noch Leser (die ja immer wieder auch Kommentare schreiben) wirklich verstehen, wie eine Strategie funktioniert, welche sich am Dividendenwachstum orientiert. Zu unklar bleiben die Bedeutung der Dividendenrendite, des Anlagehorizonts, des Dividendenwachstums und des Einkaufspreises bei dieser Strategie. In diesem Beitrag will ich deshalb auf diese wichtigen Punkte näher eingehen.

Das primäre Ziel des dividendenorientierten Anlegers

Anleger, die auf Dividendenwachstum setzen, verfolgen das Ziel, ein stetig zunehmendes Einkommen aus Dividenden zu erzielen.

Das tönt trivial, in der Praxis aber ist das alles andere als trivial. Ein stetig zunehmendes Einkommen kann nur mit Dividenden von Firmen mit soliden, über einen längeren  Zeitraum steigenden Gewinnen erwirtschaftet werden.  Solche Firmen gibt es, aber ihre Anzahl ist beschränkt. Man findet diese Firmen in der Regel als Bestandteil der grossen Indizes wie SMI, DAX, Dow oder S&P500. Es leuchtet ein, dass nur jene Firmen über Jahre solide, steigende Dividenden bezahlen können, welche auch über Jahre hinaus ihre Gewinne steigern können. Da es für einen Investor, der diese Strategie verfolgt, nichts Unwillkommeneres geben kann als eine gekürzte oder gestrichene Dividende, müssen die für eine Investition in Frage kommenden Firmen sorgfältig gewählt werden.

Für die Schweiz und Europa ist mir keine öffentliche Datensammlung bekannt, welche die Firmen dahingehend  untersucht, wie stetig sich die Gewinne und Dividenden über zehn oder zwanzig Jahre entwickelt haben. Das heisst, Investoren dieser Art müssen sich diese Daten selbst zusammensuchen. Der Stock Screener auf Google Finance kann für den Anfang dabei sehr nützlich sein. (http://www.google.com/finance#stockscreener)

Wer gerne in US-Aktien investiert, hat es leicht: Er lädt sich David Fish’s Liste der Dividenden-Champions herunter, und los geht’s. Da findet jedeR etwas für den eigenen Geschmack.

Drei Arten des Dividendenwachstums

Es gibt drei Möglichkeiten, wie das Einkommen aus Dividenden wachsen kann: